1990

Direkte Wirkungen von EG-Richtlinien

JZ 1990, 1108-1116

Direkte Wirkungen von EG-Richtlinien, (JZ 1990, S. 1108-1116)

Zusammenfassung:

Richtlinien sind Instrumente einer zweistufigen Rechtsetzung. Sie richten sich an die Mitgliedstaaten der EG und lassen diesen einen gewissen Entscheidungsspielraum. Sie sind unmittelbar geltende Normen des Gemeinschaftsrechts. Der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Schaffung einer bestimmten Rechtslage entsprechend muß zwischen objektiven und subjektiven Wirkungen unterschieden werden. Objektive Wirkungen ergeben sich aus der Funktion der Richtlinie als Grundlage sowie als Auslegungs- und Kontrollnorm für nationales Recht. Subjektive Wirkungen kommen Richtlinien zu, wo unmittelbar aus der Richtlinie Rechte und Pflichten Privater entnommen werden. Nationale Gerichte sind Kontrollinstanzen für die Vereinbarkeit des entscheidungsrelevanten nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht. Normen im Regelungsbereich einer Richtlinie, deren Umsetzungsfrist abgelaufen ist, sind richtlinienkonform auszulegen. Subjektive Wirkungen werden nach der Rechtsprechung des EuGH nur im vertikalen Verhältnis, also zwischen dem einzelnen und dem durch die Richtlinie verpflichteten Staat anerkannt. Grundlage ist die „praktische Wirksamkeit“ (effet utile) der Richtlinie. Voraussetzung für vertikale subjektive Wirkungen ist die Unbedingtheit und die hinreichende Genauigkeit der jeweiligen Richtlinienbestimmung.