2000

Sonderabgaben als Steuern (Mannheimer Beiträge zum Öffentlichen Recht und Steuerrecht)

Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main, 2000

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Das Bundesverfassungsgericht geht seit seiner Grundsatzentscheidung zur Berufsausbildungsabgabe davon aus, dass Steuer und Sonderabgabe zwar beide „voraussetzungslos“ erhoben werden, gleichwohl aber „wesensverschieden“ seien und sich nach „Idee und Funktion“ grundlegend voneinander unterschieden. Hierdurch wird das Entstehen einer apokryphen Finanzverfassung begünstigt, da die Regelungen über die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen für Steuern des Grundgesetzes (Art. 105, 106, 108 GG) auf Sonderabgaben keine Anwendung finden. Die aufgrund der allgemeinen Sachgesetzgebungszuständigkeiten nach Art. 70 ff. GG erhobenen Sonderabgaben treten in Konkurrenz zur Steuer. Die Arbeit beleuchtet die Entwicklung der Rechtsprechung zur Thematik der Sonderabgaben. Dabei zeigt sie auf, dass sich Steuer und Sonderabgabe nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur durch die haushaltstechnische Behandlung ihres Aufkommens unterscheiden: Ist es haushaltsflüchtig, liegt eine Sonderabgabe vor. Die Anknüpfung der Unterscheidung Steuer-Sonderabgabe an das formale Merkmal der Haushaltsflucht des Abgabeaufkommens ist zwar griffig, eröffnet dem Gesetzgeber aber weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten zur Umgehung der Finanzverfassung. Die Haushaltsflucht als Begriffsmerkmal der Sonderabgabe steht zudem in Widerspruch zu der vom Bundesverfassungsgericht angenommenen Rezeption des Steuerbegriffs des § 1 RAO in die Verfassung. Denn nach dessen Regelungstradition kann auch eine haushaltsflüchtige Abgabe eine Steuer sein. Die Arbeit beleuchtet die Problematik der Sonderabgaben hinsichtlich der Verteilung des Steueraufkommens im Rahmen des Art. 106 GG und die fehlende Abstimmung der Zulässigkeitskriterien der Sonderabgaben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf ihr Gefährdungspotential. Die Arbeit wagt eine dogmatische Neuorientierung der Sonderabgabenproblematik, indem sie den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff weit fasst, die Sonderabgaben als einen Unterfall der Steuer begreift und sie der Finanzverfassung unterwirft.